Im ersten Teil des Beitrages ging es um Organisationen. Sie bestimmen unser Leben sowohl im privaten, als auch im beruflichen Kontext. Wenn wir verstehen wollen, warum wir zum Beispiel mit manchen Kollegen im Projekt besser zu Recht kommen als mit anderen, müssen wir uns mit der Theorie von Organisationen beschäftigen. Im heutigen Blogbeitrag geht es um die Geschichte von Organisationen.
Was Sie darüber wissen sollten
Wenn unsere Vorfahren Fleisch wollten, gingen sie zur Jagd. Die Jagd auf ein Mamut war nur möglich, indem sich die Jäger abgesprochen haben. Sie haben vermutlich eine Strategie entwickelt, sind losgezogen und haben das Mamut in eine Falle gelockt und erlegt.
Wenn Menschen zusammenleben und arbeiten, müssen sie ihr Verhalten absprechen oder auch organisieren um erfolgreich zu sein. Die Art von „organisiertem Verhalten“ ist vermutlich so alt wie die Menschheit selbst. Durch dieses organisierte Verhalten war die Gruppe der Jäger gemeinsam erfolgreicher als es jeder einzelne Jäger alleine.
Durch organisiertes Verhalten gelingt es uns, gemeinsam Ziele zu erreichen, die für einzelne Personen nur schwer realisierbar sind. Um im beruflichen Kontext erfolgreich zu sein, braucht es mehr als nur gelegentlich einen Jagderfolg, es braucht wettbewerbsfähige Organisationen. Wie sind Organisationen entstanden?

Abbildung 1: Organisiertes Verhalten oder Organisation (Foto: Projektstart)
Der Schuster meines Vertrauens im Mittelalter fertigte Schuhe nur auf Bestellung an. Dazu nahm er meine Bestellung auf. Er fragte, ob es Sommer- oder Winterschuhe sein sollen. Dann vermaß er meine Füße, kaufte beim Gerber das Leder, konstruierte, plante und fertigte die Schuhe nach meinen Wünschen. Nach durchschnittlich einer Woche konnte ich die neuen Schuhe anprobieren. Es folgte eine Qualitätskontrolle, Endabnahme und Fakturierung. Im Mittelalter konnte ich meinen Schuster als Person mit seinen Handlungen wahrnehmen. Mein Schuster konnte im Mittelalter vier Paar Schuhe pro Monat fertigen. Er war damit konkurrenzfähig, weil seine Mitbewerber auch nicht produktiver waren und ebenfalls vier Paar Schuhe pro Monat fertigen konnten.
Mein Schuster produzierte sobald er eine Bestellung hatte. Er fertigte auf Bedarf. Mit der industriellen Revolution änderte sich diese Strategie. Es wurden Waren produziert für die dann ein Käufer gesucht wurde. Am Beispiel mit meinen Schuhen wurde produziert, ohne für jedes Paar sofort einen Kunden zu haben. Die Produktion wurde in einzelne Arbeitsschritte zerlegt. Jeder Arbeiter in der Fabrik erledigte nur mehr einen einzelnen Arbeitsschritt bei der Produktion. Die Arbeiter in den Fabriken hatten keinen direkten Kontakt mit dem Kunden. Frederick W. Taylor beschrieb das Konzept mit dem Scientific Management. Es fand eine Mechanisierung der Arbeit statt. Das Studium der Arbeitsabläufe führte zu Rationalisierungswellen. Henry Ford nutzte die Erkenntnisse in der Fließbandproduktion seiner Automobile. Die Steigerung der Produktivität gegenüber dem klassischen Handwerk war enorm. Mit den Ideen des Scientific Managements und der Industrialisierung konnte viel mehr und billiger produziert werden.
Mit den Fabriken wurden eigenständige Organisationen geschaffen. Es fand eine ideelle Entkopplung von Personen und ihren Handlungen statt. Für die Produktion der Waren in den Fabriken werden einzelne Arbeitsschritte definiert. Diese Arbeitsschritte sind unabhängig von einzelnen Personen. Sie sind austauschbar nach Ansicht des Scientific Managements.
Der Begriff der „Organisation“
Der Begriff Organisation kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Werkzeug“ oder „Instrument“. Der Gebrauch des Begriffes Organisation hat sich erst im 19. Jahrhundert eingebürgert. Ein Vordenker der Organisationstheorie, Chester I. Barnard definierte Organisationen als ein System von bewusst koordinierten Verhaltensweisen oder Kräften von zwei oder mehr Personen. Er ist der Meinung, dass nicht Mitarbeiter, Gebäude und Produktionsmittel eine Organisation bestimmen, sondern Dienstleistungen und Handlungen eine Organisation konstituieren.
Übung:
Ein Gedankenexperiment: Denken Sie sich in einer Organisation, zum Beispiel die Firma in der sie arbeiten, alle Menschen weg. Überlegen sie sich jetzt zwei bis drei kooperativen Handlungsmuster, die in Ihrem Unternehmen ablaufen und die von konkreten Personen abstrahiert werden können, weil sie durch die Standardisierung der Arbeitsschritte als Person austauschbar werden. 1.) 2.) 3.) Wie fühlen Sie sich bei dem Gedanken, dass laut Chester I. Barnard nur die Handlungen eine Organisation bestimmen und nicht die Personen selbst? Unsere Mitarbeiter sind unser wichtigstes Kapital. Solche Sprüche hört man häufig in Unternehmen. Wie geht Ihr Unternehmen mit dem Wiederspruch zu den Aussagen von Chester I Barnard um? |
Der Gewinn der Organisationsbildung durch die Arbeitsteilung war die Steigerung der Produktivität und die Realisierung von hochkomplexen Prozessen und Funktionen, die das Vermögen einzelner Personen übersteigt. Kein einzelner Mensch ist in der Lage, ein modernes Verkehrsflugzeug wie den Airbus A380 zu konstruieren und zu bauen.
Die Organisationsbildung und die Entkopplung von Personen und Handlungen hat auch Nachteile. Die einzelnen Mitglieder der Organisation können sich mit den Waren und Dienstleistungen welche die Organisation herstellt, nicht mehr identifizieren. Jeder einzelne Arbeiter erledigt nur mehr einen einzelnen Arbeitsschritt und versteht oft den Gesamtzusammenhang nicht. Dadurch entsteht ein Motivationsproblem, das in Organisationen oftmals beobachtet werden kann und in der Gallup-Studie jährlich dokumentiert wird. Zusammengefasst ist das Ergebnis, dass deutsche Arbeitnehmer sich nur wenig an ihren Arbeitgeber gebunden fühlen. Fast ein Viertel (24%) der Beschäftigten in Deutschland hat innerlich bereits gekündigt. 61% machen Dienst nach Vorschrift. Nur 15% der Mitarbeiter haben eine hohe emotionale Bindung an ihren Arbeitgeber und sind bereit, sich freiwillig für dessen Ziele einzusetzen.
Diejenigen Unternehmen, die eine hohe emotionale Bindung ihrer Mitarbeiter erreichen, haben entsprechend der Gallup-Studie einen eindeutigen Wettbewerbsvorteil. Im nächsten Teil der Artikelserie beschreibe ich, wie die Entwicklung von organisierten Verhalten und Organisationen mit ihren Handlungssystemen zu Kommunikationssystemen weitergeht und welche Möglichkeiten für eine höhere emotionale Bindung der Mitarbeiter sich ergeben. Es bleibt spannend.
Zusammenfassung
Durch organisiertes Verhalten gelingt es uns, gemeinsam Ziele zu erreichen, die für einzelne Personen nur schwer realisierbar sind.
Frederick W. Taylor beschrieb das Konzept mit dem Scientific Management. Grundidee ist eine Mechanisierung der Arbeit. Jeder Arbeiter in der Fabrik erledigte nur mehr einen einzelnen Arbeitsschritt bei der Produktion. Es fand eine ideelle Entkopplung von Personen und ihren Handlungen statt.
Ein Vordenker der Organisationstheorie, Chester I. Barnard definierte Organisationen als ein System von bewusst koordinierten Verhaltensweisen oder Kräften von zwei oder mehr Personen. Entsprechend der Theorie sind die Mitglieder einer Organisation austauschbar.
Im nächsten Artikel geht es um die Weiterentwicklung der Organisationstheorie und eine Herleitung, wie aus einem Handlungssystem ein Kommunikationssystem wird. Mit diesen Ansätzen können die Nachteile des Scientific Managements überwunden werden.
Bei Fragen zum Thema oder bei einem Wunsch auf persönliche Beratung oder ein Training sprechen Sie mich gerne an.
Viele erfolgreiche Projekte wünscht
Projektstart
Gerhard Wirnsberger, M.Sc.
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