Wie Sie mit Änderungen im Projekt wirksam umgehen

Kein einziges Projekt läuft exakt so ab, wie es ursprünglich geplant wurde. Inhalte, Ziele, Rahmenbedingungen und Kundenanforderungen können sich verändern – das ist ganz normal. Trotzdem sorgen diese Veränderungen in der Praxis immer wieder für Verwirrung, zwischenmenschliche Konflikte und sogar Rechtsstreitigkeiten. Ein systematisches Änderungsmanagement ist deshalb ein wesentlicher Baustein eines professionellen Projektmanagements. Lesen Sie weiter, wie Sie systematisches Änderungsmanagement planen und einführen können.

Was Sie darüber wissen sollten

Änderungen gehen immer irgendwelche Ereignisse voraus. Solche Ereignisse können sein:

  • Jemand hat eine neue Anforderung, eine neue Idee bezogen auf Inhalte oder auf den Prozess einer Projektabwicklung.
  • Jemand hat neue Erkenntnisse gewonnen, stellt fest, dass ursprüngliche Annahmen zum Projekt falsch oder nicht zu verwirklichen sind.
  • Die Umwelt hat sich verändert, irgendetwas außerhalb des Projektes ist passiert, was dieses nun zwingt, darauf zu reagieren.

Die DIN 69901-5 zählt zu den Aufgaben des Änderungsmanagements die „Erfassung, Bewertung, Entscheidung, Dokumentation und Steuerung der Umsetzung von Änderungen“. Als Referenz dafür, ob eine Änderung vorliegt, gibt die DIN dabei die bisher gültige Planung an.

Der PMBOK(R) Guide und PRINCE2 verwenden statt des Begriffs „Änderungsmanagement“ den Begriff „Änderungssteuerung“ (Change Control). Sie verdeutlichen damit, dass die Behandlung von Änderungsanträgen (Changerequest CR) eine wesentliche Aufgabe der Steuerung eines Projektes ist. Änderungsmanagement bzw. Änderungssteuerung steht in engem Zusammenhang mit dem Konfigurationsmanagement (KM oder englisch Configurationmanagement CM).

Abhängigkeit des Änderungsmanagements von Planungsergebnissen

Wenn ein genehmigter Änderungsantrag zusätzliche Kosten verursacht, das Projektergebnis geändert wird oder sich der Endtermin verschiebt, werden die benachteiligten Projektpartner in der Regel Nachforderungen (Claims) an die Verursacher stellen. Die Behandlung dieser Nachforderungen ist Bestandteil des Nachforderungsmanagements (Claim Management), das an der Schnittstelle zwischen Änderungsmanagement und Vertragsmanagement positioniert ist.

Abbildung 1: Abhängigkeit Änderungsmanagement

Änderungsmanagement setzt also erst einmal voraus, dass dem Projektteam diese Ereignisse überhaupt bekannt geworden sind. Viele davon werden wir entdecken, wenn wir ausreichend Qualitätssicherung und Projektcontrolling betreiben, denn künftige Benutzer des Systems werden uns ihre Anforderungen nennen, wenn sie im Rahmen einer Qualitätssicherung feststellen, dass das Projektergebnis noch besser gestaltet werden könnte. Oder wir werden im Rahmen des Controllings feststellen, dass unsere Annahmen, beispielsweise den kalkulierten Arbeitsaufwand betriffend, zu optimistisch waren. Manches aber, insbesondere die Änderungen von außen, werden wir nur erkennen, wenn wir unsere Antennen auf Empfang stellen, uns auch tatsächlich Informationen von außen beschaffen.

Ganz allgemein bedeutet Änderungsmanagement ursprünglich gefertigte Dokumente aus dem Anbahnungsprozess auf aktuelle Gegebenheiten oder an den neuesten Erkenntnisstand anzupassen. Dabei sollte eine solche Veränderung nur dann stattfinden, wenn wir sie als sinnvoll und notwendig erkannt haben. Flexibilität ist wichtig, aber eben auch Stabilität und eine solche könnte verloren gehen, würde man zu viele Änderungen zulassen. Jede Änderung setzt also erst einmal die Prüfung ihrer Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit voraus. Dabei lassen sich grundsätzlich drei Arten von Änderungen unterscheiden:

  • Interne Planänderungen
  • Externe Planänderungen
  • Inhaltliche Auftragsänderungen

(Projekt-) Interne Planänderungen sind Anpassungen an einem oder mehreren Planungsergebnissen (Projektstrukturplan, Detailplan, Ressourcenplan, Terminplan, Organisationsplan, Kapazitätsplan, Aufwands- und Kostenplan) ohne dass es deshalb zu Veränderungen am Projektauftrag kommt. Keine zusätzlichen Budgets sind nötig, keine Verschiebungen von Meilensteinen finden statt, keine Änderungen an Umfang und Qualität des Produkts finden statt. Lediglich die projektinterne Abwicklung soll anders geschehen als vorher angedacht.

(Projekt-) Externe Planänderungen sind solche, die nach außen sichtbare Terminverschiebungen oder Budgetanpassungen nach sich ziehen. Der Aufwand zeigt sich höher als ursprünglich kalkuliert, Mitarbeiter sind nicht in dem Maß verfügbar wie angenommen, etc.

Inhaltliche Auftragsänderungen sind solche, bei denen sich Umfang und/oder Qualität einer Lösung verändern. Es entstehen, aus welchen Gründen auch immer, neue Anforderungen an das Projektergebnis. Es wird umfangreicher oder qualitativ hochwertiger.

(Projekt-) Interne Planänderung (Projekt-) Externe Planänderung Inhaltliche Änderung
  • Änderung der Planungsergebnisse
  • Magisches Dreieck ist nicht betroffen
  • Auswirkungen an Termin, Budget
  • AG muss informiert werden
  • Projektauftrag ist betroffen
  • Inhalt/ Umfang ändern sich
  • Änderungsauftrag erforderlich

Tabelle 1: Arten von Änderungen

Der Umgang mit Änderungen

(Projekt-) Interne Planänderungen:

Im Rahmen einer Projektbesprechung wird festgestellt, dass eine solche nötig ist und entschieden, dass sie durchgeführt wird. Die davon betroffenen Ergebnisse aus dem Planungsprozess werden angepasst und das gesamte Projektteam davon informiert. Ob der Auftraggeber ebenfalls davon zu informieren ist, entscheidet der Projektleiter. Wenn ja, wird er das im Rahmen des Berichtswesens oder bei der nächsten Lenkungsausschusssitzung tun.

(Projekt-) Externe Planänderungen

Sie haben jeweils Auswirkungen auf Termine und Budget, berühren also den Projektauftrag. Folglich ist der Auftraggeber stets davon zu informieren. Ob eine solche Änderung einen Änderungsauftrag nach sich zieht, hängt von der vertraglichen Regelung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ab. Ist darin vereinbart, dass der Auftragnehmer Budgetüberschreitungen zu vertreten hat, wird im Fall einer reinen Budgetüberschreitung (also ohne Terminverzug) kein Änderungsauftrag nötig sein, aber eine Information per Berichtswesen oder im Rahmen einer Lenkungsausschusssitzung.

Inhaltliche Auftragsänderungen

Inhaltliche Auftragsänderungen bewirken dagegen stets einen Änderungsauftrag, wobei aber zu entscheiden sein wird, ob die Änderung noch in diesem Projekt oder in einem folgenden bzw. in der späteren Wartungsphase vorgenommen werden soll.

Änderungsprozess

Abbildung 2: Änderungsprozess nach PMI

Rollen im Änderungsmanagement

Es ist üblich, dass es in Projekten ein Steuerungsgremium für Änderungen (Change Control Board – CCB) gibt. Wie dieses Gremium genau im Projekt organisiert ist und bezeichnet wird, hängt vom Projekt ab.

  • Wer genehmigt Änderungen im Projekt?
  • Nach welchen Kriterien erfolgt eine Ablehnung bzw. Annahme eines Änderungsantrages?
  • Gibt es Änderungen, die direkt – ohne vorherige Genehmigung – realisiert werden (z. B. bei Notfällen)? Wenn ja, wie erfolgt deren Dokumentation und Rückverfolgbarkeit?

 

Vorlagen

Für erfolgreiches Änderungsmanagement ist es sinnvoll, einige standardisierte Vorlagen zu verwenden.

Der Änderungsantrag

Ein Change Request (CR) ist ein Antrag auf eine Änderung (Änderungsantrag).

Wie Sie mit Änderungen im Projekt wirksam umgehen

Abbildung 3: Beispieltemplate für einen Änderungsantrag (Angelehnt an Andrea Windolph)

Änderungsregister

In größeren Projekten ist es sinnvoll, dass ein Änderungsregister angelegt wird.

Im einfachsten Fall kann das Änderungsregister aussehen, wie in meinem Beispiel.

Auch komplexere Lösungen mit Datenbankanbindung sind denkbar und sinnvoll.

Wie Sie mit Änderungen im Projekt wirksam umgehen

Abbildung 4: Beispieltemplate für ein Änderungsregister

Zusammenfassung

In Projekten kommt es oft zu Änderungen. Es ist sinnvoll, schon vor Beginn eines Projektes auf die kommenden Änderungen vorbereitet zu sein.

Professionelle Projektmanager haben einen Änderungsprozess. Ein Beispiel habe ich oben dargestellt.

In Projekten wird unterschieden zwischen internen und externen Planänderungen und inhaltlichen Änderungen. Das hat Auswirkungen auf die Eskalationsstufen.

Für Änderungen muss ein Change Control Board (CCB) definiert sein, das berechtigt ist, die Änderungen zu genehmigen.

Standardvorlagen erleichtern das Handling von Änderungen.

Bei Fragen zum Thema oder bei einem Wunsch auf persönliche Beratung oder ein Training sprechen Sie mich gerne an.

Viele erfolgreiche Projekte wünscht

Projektstart

Gerhard Wirnsberger, M.Sc.

Wenn Sie mehr Information wollen zu Projektmanagement, Prozessmanagement und Projektkommunikation möchten, dann besuchen Sie meine Homepage:

https://projektstart.com

schreiben Sie mir eine email:

gerhard@projektstart.com

oder rufen Sie mich an:

+49 176 40100954

Literaturtipp:

Bei den folgenden Links handelt es sich um Provisions-Links (Affiliate-Links). Erfolgt über einen solchen Link eine Bestellung, erhält die Projektstart GmbH eine Provision. Für den Käufer entstehen dadurch keine Mehrkosten. Alle Preise inkl. MwSt. und ggf. zuzüglich Versandkosten. Details zu den Angeboten finden Sie auf der jeweiligen Webseite. Durch Klicken auf die Affiliate-Links wirst du zu Amazon weitergeleitet.