Im IT-Projektmanagement gibt es viele Ansätze und Vorgehensmodelle. Ziel ist einerseits die Leistungsfähigkeit von Projektteams zu erhöhen und andererseits die Qualität des Projektgegenstandes zu verbessern. In meinem aktuellen Blogbeitrag stelle ich Kanban vor. Die Methode wurde vom US-Amerikaner David J. Anderson 2004 entwickelt. Sie ist relativ neu und hat viel Potential. Lesen Sie weiter.
Was sie darüber wissen sollten
Im IT-Projektmanagement sind viele Vorgehensmodelle bekannt, wie das Wasserfall-Modell, das iterative Wasserfall-Modell, das V-Modell, agile Methoden wie XP und SCRUM. Soll den jetzt mit KANBAN die nächste Sau durch das Dorf getrieben werden, fragen sich vielleicht einige.
Hierzu möchte ich erstmal etwas über die Geschichte und Hintergründe von Kanban schreiben. Peter F. Drucker, einer der Pioniere der modernen Managementlehre, hat bereits 1991 festgestellt, dass die größte Herausforderung des modernen Managements darin besteht, dass die Produktivität von Wissensarbeitern erhöht werden muss.
Wer versucht, die Leistung einzelner Mitarbeiter durch teure Weiterbildungsmaßnahmen zu optimieren, setzt am falschen Ende an. William Edwards Deming, ein US-amerikanischer Physiker, Statistiker sowie Pionier im Bereich des Qualitätsmanagements hat folgendes herausgefunden: 94 Prozent der Leistung in einem Unternehmen hängen von den Bedingungen des Systems ab und nur sechs Prozent von den Mitarbeitern
Was ist also die Lösung des Problems?
In der Automobilfertig wird seit vielen Jahren versucht jede Art von Verschwendung zu vermeiden. Bahnbrechende Erkenntnisse hat hier die Firma Toyota mit dem Toyota Production System TPS geleistet. Kernelement der Produktionsablaufsteuerung des TPSystems sind die kanban. „kan“ ist das japanische Wort für Signal, „ban“ bedeutet Karte. Mit diesen Signalkarten zeigen nachgelagerte Produktionsstufen an, dass eine Aufgabe fertiggestellt wurde und Nachschub an Fertigungskomponenten oder Materialien benötigt wird, um weiterarbeiten zu können. Durch dieses Holprinzip (Pull-System) werden Lagerbestände auf ein Minimum reduziert.

Abbildung 1: Das Kanban System
Was also liegt näher, als dieses System auf IT-Projekte zu übertragen?
Hinter Kanban liegen mehrere geniale Ideen, die für das Verständnis der Methode wichtig sind.
Eine Idee ist, dass Arbeit sichtbar gemacht wird
Wie in der Automobilindustrie besteht die die Arbeit in einem IT-Projekt aus mehreren Verarbeitungsschritten, ähnlich den Phasen eines Projektes. Kanban hilft, die Abläufe der Wissensarbeit und dadurch ihre Probleme sichtbar zu machen, die den Arbeitsfluss behindern.
Eine zweite grundlegende Idee ist, dass die gleichzeitig durchgeführte Arbeit limitiert wird
Das klingt erstmal kontraproduktiv, hat aber einen einfachen und verständlichen Hintergrund. Jedes System hat einen Flaschenhals, der als Engstelle die maximale Arbeitsleitung in dem System begrenzt. Finden nun viele Arbeiten gleichzeitig statt, wird am Ende des Tages wenig bis nichts fertig. Klingt eigentlich selbstverständlich. Die Kanban Leute sagen dazu: “Limitiere den Work in Progress“. Alle Arbeiten müssen eine Input Queue passieren. Arbeiten, die das Team durchführen soll, werden im Team Replenishment Meeting beschlossen.

Abbildung 2: Kanban setzt auf eine Input Queue
Aufgaben werden in Form von Tickets in das System gegeben. Ein Beispiel eines Tickets ist nachfolgend dargestellt.

Abbildung 3: Beschreibung einzelner Aufgaben
Kanban setzt bei der Optimierung von Abläufen nicht beim Individuum, sondern am System an. Aufgaben werden auf Karten oder Haftnotizen geschrieben. Die Aufgaben, Kanban spricht von Tickets, werden dann in den Spalten bewegt, siehe Abbildung 4.

Abbildung 3: Kanban Board mit Queues
Arbeiten können aus unterschiedlichen Gründen unterbrochen werden. Diese werden dann zum Beispiel mit einem roten Sticker gekennzeichnet.
Bei Kanban werden erledigte Aufgaben nicht automatisch in den nächsten Arbeitsschritt geschoben (Push-Prinzip), sondern aktiv abgeholt (Pull Prinzip). Das ist im Bild zu sehen, von den Flächen, die als „Fertig“ oder „Bereit für Release“ gekennzeichnet wurden.
WiP-Limits
Wie schon weiter oben erwähnt, setzt Kanban konsequent auf WiP-Limits. Das hat den Vorteil, das Task-switches vermieden werden und die Durchlaufzeit erhöht wird. Die Automobilindustrie hat das schon lange erkannt. Da ist es an der Zeit, diese Erkenntnisse auch in IT-Projekten zu nutzen.
Wie soll nun das WiP-Limit gesetzt werden?
Arbeiten in einer Gruppe zum Beispiel vier Personen, können theoretisch vier Aufgaben gleichzeitig bearbeitet werden. Bearbeiten zwei Mitarbeiter eine Ausgabe gemeinsam, dann wäre das WiP-Limit zu hoch gewählt.
- Ein WiPLimit < 1 pro Person ist sinnvoll, wenn mehrere Personen an einer Aufgabe arbeiten sollen.
- Ein WiPLimit = 1 pro Person ist sinnvoll, wenn die Methode gut eingespielt ist und es zu wenig Rückfragen kommt.
- Ein WiPLimit > 1 pro Person ist meistens hilfreich, wenn es zu vielen Rückfragen kommt und der Arbeitsfluss sonst blockiert wäre.
Visualisierung
Schwierigkeiten und Blockaden im Arbeitsfluss sind nun transparent sichtbar. Es ist nun kein weiter Weg mehr, um die Produktivität des Projektteams zu analysieren, visualisieren und zu optimieren. Der Fertigstellungsgrad eines Projektes lässt sich einfach ermitteln. Durch die Messung von Prozesskennzahlen, wie zum Beispiel die Durchlaufzeit, Anzahl der Aufgaben, Anzahl der Rückfragen, usw. kann das System optimiert werden.
Zusammenfassung und Fazit
Kanban ist eine Methode zu um die Produktivität in IT-Projekten zu steigern.
Die Methode wurde vom US-Amerikaner David J. Anderson 2004 entwickelt. Sie ist relativ neu und hat viel Potential.
Kanban setzt bei der Optimierung von Abläufen nicht beim Individuum, sondern am System an.
Eine wesentliche Idee der Kanban Methode ist, dass die Anzahl der Aufgaben im Projektteam begrenzt wird. Dadurch steigt die Produktivität.
Durch die Messung von Prozesskennzahlen, wie zum Beispiel die Durchlaufzeit, Anzahl der Aufgaben, Anzahl der Rückfragen, usw. kann das System optimiert werden.
Viele erfolgreiche Projekte wünscht
Projektstart
Gerhard Wirnsberger, M.Sc.
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Guten Morgen! Ich verwende jetzt Kanban Tool (https://kanbantool.com/de – ich emfehle für die Zukunft). Das ist ein sehr einfaches Werkzeug mit intuitiver Weise der Anwendung. Aber ich frage mich, wie ich dieses Tool am besten nutzen und daraus maximale Vorteile ziehen kann? Haben Sie vielleicht eine Idee? Ich möchte dieses Tool weiter in meiner Firma implementieren, weil ich viele solche Werkzeuge ausprobiert habe, aber nur dieses ist für mich richtig. Jetzt brauche ich nur einige Ratschläge 🙂 Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir helfen könnten 🙂 Schönen Tag! Georg
Hallo Georg,
danke für die Frage.
Das Kanbantool ist ein schönes Werkzeug, das zu empfehlen ist.
Zur Verwendung meine Empfehlung:
In einem ersten Schritt solltest Du Dir überlegen, welche Produktentwicklungsphasen es in Deinem Projekt gibt.
Standardmäßig sind das „Todo“, „In Progress“ und „Done“. Für eine Demo ist das ok, für die praktische Arbeit empfehle ich andere Produktentwicklungsphasen.
Bei meinen IT-Projekten sind das Phasen wie, z. B.: „Analysieren“, „Konzipieren“, „Realisieren“, „Testen“ und „Einrichten“.
Diese Phasen solltest Du dann im Kanbantool einrichten.
Ein weiterer Schritt ist die Einstellung des WiP. Sinnvolle Einstellungen habe ich im Artikel erklärt.
Viel Erfolg und einen schönen Tag
Gerhard
Hallo Gerhard,
vielen Dank für die tolle und kompakte Zusammenfassung in Deinem gelungenen Beitrag. Trotz dass KANBAN-IT zu den agilen Projektmanagement Methoden zählt, zeigst Du in Abbildung 3 sehr schön, dass es auch auf klassisches, plangetriebenes Projektmanagement angewendet werden kann. Ein SCRUM Projekt würde beispielsweise nicht zwischen der Entwicklung und dem Testen unterscheiden. Beides gehört (sollte 😉 ) zur Definition von fertig (DoD) und ist etwas, was ein SCRUM Team selbst organisiert.
Genau dass ist ja aber das tolle an KANBAN-IT, denn ich kann nicht nur den WiP (Work in Progress) an meinem Flaschenhals kontrollieren, sondern in allen Phasen. Richtig spannend und richtig effektiv wird es darüber hinaus, wenn Serviceklassen eingeführt werden die unterschiedliche Prioritäten im System bekommen. Probiert das mal aus 🙂 Wir benutzen KANBAN Boards in den SCRUM Projekten unserer Kunden um den aktuellen Sprint zu kontrollieren. Aber auch in den PMO’s (Project Management Office) die wir beraten, um die aktuell geplanten und aktiven Projekte im Überblick zu haben…denn auch auf Unternehmensebene stehen nur begrenzte Kapazitäten für Projekte zur Verfügung.
Zur Vertiefung möchte ich auf jeden Fall nochmal auf die Buchempfehlung oben hinweisen und empfehlen sich dieses sehr lesenswerte Buch zuzulegen. Meiner Meinung nach, das beste deutschsprachige Buch zum Thema KANBAN-IT.
Viele Grüße aus Heidelberg
Andreas Haberer
Bundesvereinigung IT Projektmanagement