Die Nutzwertanalyse als Instrument zur Entscheidungsfindung

Projektleiter und Führungskräfte stehen oft vor der Situation, dass Sie Entscheidungen treffen müssen. Für die Akzeptanz der Entscheidung ist es hilfreich, wenn die Entscheidung nachvollziehbar ist. Die hier vorgestellte Nutzwertanalyse ist ein nützliches Instrument zur Entscheidungsfindung, wenn vielfältige Aspekte zu berücksichtigen sind.

Was Sie darüber wissen sollten

Die Nutzwertanalyse dient dazu, komplizierte Entscheidungen zu treffen. Entsprechend dem von Andreas Beisswenger vorgestellten Modell handelt es sich bei komplizierten Entscheidungen und Situationen, mit geringer bis mittlerer Komplexität und mittel- bis langfristigen Planungshorizont. In diesem Quadranten gibt es eindeutige Gesetzmäßigkeiten und klare Ursache-Wirkungs-Beziehungen (Beisswenger2016).

Wenn wir mit komplizierten Problemen konfrontiert werden, neigen wir dazu, das Problem zu vereinfachen. Dieser Prozess läuft unbewusst ab. In lebensgefährlichen Situationen ist es überlebenswichtig, schnell zu entscheiden. Den Preis, den wir hierfür zahlen ist zum einen die Fehlerquote und zum anderen eine Tendenz, vertrautes Verhalten zu bewahren. In der Wirtschaft ist dieses Verhaltensmuster ungeeignet. Entscheidungen müssen ergebnisoffen getroffen werden (Kühnapfel2014).

Bei der Nutzwertanalyse wird das Gesamtproblem, das es zu entscheiden gilt, in Teilprobleme zerlegt. Durch das Zerlegen wird die Präferenz für ein gewünschtes Ergebnis aufgelöst. Die Teillösungen können dadurch leichter rational diskutiert werden. Die Nutzwertanalyse entemotionalisiert (Kühnapfel2014).

In meinem hier vorgestellten Beispiel geht es darum, dass bei der Einführung eines neues ERP-Systems in einem Unternehmen zwischen zwei Produkten ausgewählt werden soll.

Kriterien

In diesem Kapitel werden die Kriterien für die Nutzwertanalyse für das zu entscheidende Problem. Die genannten Kriterien dienen nur als Beispiel. Die Bewertungskriterien können in einem Interview mit dem Kunden ermittelt werden.

  • Erweiterbarkeit:

Dieses Kriterium entscheidet darüber, ob des ERP-System um Funktionalität erweitert werden kann.

  • Anschaffungskosten:

Mit diesem Kriterium kann beurteilt die einmaligen Anschaffungskosten.

  • Leistung:

Dieses Kriterium beurteilt die Leistungsfähigkeit des Systems hinsichtlich Reaktionszeit, Anzahl der Nutzer, die gleichzeitig arbeiten können und Menge der Artikel.

  • Laufende Kosten:

Dieses Kriterium dient zur Beurteilung, wie die laufenden Kosten im Betrieb bewertet werden. Das können Wartungskosten und Lizenzkosten sein.

  • Benutzbarkeit:

Dieses Kriterium die Benutzbarkeit.

  • Stabilität:

Dieses Kriterium beurteilt die Stabilität des Systems.

Damit die Kriterien in der Nutzwertanalyse zur Entscheidungsfindung benutzt werden können, müssen sie noch gewichtet werden. Hierfür stelle ich im übernächsten Kapitel den paarweisen Vergleich vor.

Auswahl der Entscheidungsalternativen

Die Nutzwertanalyse vergleicht eine Anzahl von Entscheidungsalternativen miteinander. Zu klären ist an dieser Stelle, ob es noch weitere Entscheidungsalternativen gibt.

Für unser Beispiel sind das die beiden Entscheidungsalternativen:

  • Produkt A
  • Produkt B

Gewichtung der Kriterien mit dem paarweisen Vergleich

Mit der Gewichtung der Entscheidungskriterien wird festgelegt, welche Bedeutung jedes Kriterium für die Entscheidung hat. Die Summe aller Gewichte soll genau 100% ergeben. Eine Gewichtung der Kriterien kann mit der weit verbreiteten Technik des paarweisen Vergleichs durchgeführt werden. Es werden die einzelnen Kriterien aufgelistet und im direkten Vergleich bewertet, um herauszufinden welche davon besonders wichtig sind.

Die Technik des paarweisen Vergleiches macht die Entscheidungsfindung transparent. In einem Teammeeting kann diese Technik gut eingesetzt werden.

Tabelle 1: Gewichtung der Entscheidungskriterien mit paarweisen Vergleich

In Tabelle 1 ist der Teil für den paarweisen Vergleich rot markiert.

In diesem zentralen Schritt wird der eigentliche Vergleich durchgeführt. Wie der Name der Methode besagt, werden jeweils genau zwei Alternativen miteinander verglichen, ohne den Einfluss der anderen Kriterien zu berücksichtigen. Hierbei betrachten Sie einen Zeilenwert und bewerten dessen Wichtigkeit gemäß dem vorgegebenen Kriterium im Vergleich zum Spaltenwert, gemäß der Bewertungsskala. Wichtig beim Ausfüllen ist, dass nur die obere, orange eingefärbte Hälfte der Matrix ausgefüllt werden muss. Ich habe den Bereich der ausgefüllt werden muss mit oranger Farbe gekennzeichnet. Die untere, weiß eingefärbte Hälfte der Matrix ergibt sich automatisch.

Das ergibt sich mit folgender Überlegung:
Die Erweiterbarkeit wurde gegenüber den Anschaffungskosten höher bewertet. Folglich steht in der entsprechenden Zelle eine „2“. In der Zeile darunter werden die Anschaffungskosten mit der Erweiterbarkeit verglichen. Konsequenterweise muss der Vergleich hier ergeben, dass die Anschaffungskosten weniger wichtig sind als die Erweiterbarkeit, um eine Konsistenz sicherzustellen. Deshalb muss in dieser Zelle eine „0“ stehen. Der untere Teil der Diagonalen ist also ein inverses Spiegelbild der Hälfte oberhalb der Diagonalen.

Die weissen Felder unterhalb der Diagonalen enthalten keine zusätzliche Information. Sie müssen ausgefüllt werden, weil das Ergebnis die Präferenzmatrix beeinflusst.

Präferenzmatrix

In Tabelle 2 ist der Teil für die Präferenzmatrix rot markiert. Wir brauchen das Ergebnis der Präferenzmatrix für die Entscheidungsfindung mit der Nutzwertanalyse.

Summieren Sie nun die Punktzahlen der Zeilen. Wir sehen die von den Alternativen erreichten Punkte in der Spalte „Summe“. Für die Nutzwertanalyse brauchen wir den prozentualen Anteil, der sicher errechnet aus der Spaltensumme dividiert durch den relativen Anteil. Als Ergebnis erhalten Sie die gewichteten Kriterien.

Tabelle 2: Die Präferenzmatrix

Ergebnisse

Bewertung der Kriterien

In diesem dritten Schritt erfolgt nun die eigentliche Entscheidung zwischen System A und System B.

Als Ergebnis des paarweisen Vergleiches der Entscheidungskriterien werden aus der Tabelle 2 – Präferenzmatrix die Ergebnisse der Spalte „%“ übernommen und  in Tabelle 3 – Nutzwertanalyse in die Spalte „Gewicht“ eingetragen.

Die Bewertung der Kriterien erfolgt auf einer Skala zwischen 0 und 10 Punkten. Hierbei bedeuten 0 Punkte, dass das Kriterium nicht erfüllt wurde. 1 – 3 Punkte werden vergeben, wenn das Kriterium unzureichend und mit erheblichen Mängeln erfüllt wurde. 4 – 6 Punkte erreicht ein Kriterium, wenn es hinreichend, aber mit Mängeln erfüllt wird. 7 – 9 Punkte werden für ein Kriterium vergeben, dass in gutem Umfang erfüllt ist. 10 Punkte erreicht ein Kriterium, dass in sehr gutem Umfang erfüllt ist.

Für unser Beispiel ergibt sich die Nutzwertanalyse wie folgt:

Tabelle 3: Nutzwertanalyse mit Entscheidung

PM-FORUM 2018

Dieser Beitrag wurde auf dem PM-FORUM 2018 der gpm, Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement im Rahmen eines Workshops zusammen mit weiteren Techniken der Entscheidungsfindung vorgestellt.

Zusammenfassung

Es galt eine Entscheidung zwischen einem Produkt A oder Produkt B zu treffen.

In dem Prozess der Entscheidungsfindung wurden im ersten Schritt Entscheidungskriterien definiert (Erweiterbarkeit, Anschaffungskosten, Leistung, Laufende Kosten, Benutzbarkeit uns Stabilität).

Im einem weiteren Schritt wurden die Entscheidungskriterien gewichtet. Die Summe der Gewichte muss 100% ergeben.

Die Erfüllung der Kriterien wird in einem weiteren Schritt mit Punkten zwischen 0 und 10 bewerten.

Die Nutzwertanalyse ergab 710 Punkte für Produkt A und 575 Punkte für Produkt B.

Das Produkt A stellte sich dabei als geeignetste ERP-System heraus.

Bei Fragen zum Thema oder bei einem Wunsch auf persönliche Beratung oder ein Training sprechen Sie mich gerne an.

Viele erfolgreiche Projekte wünscht

Projektstart

Gerhard Wirnsberger, M.Sc.

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